Casita 2 in Popayan: Vierter Quartalsbericht 2022

Die Kinderhilfe ist weiterhin die große Hilfe für unsere Familien, die sich sowohl sozial, wie auch finanziell in großer Not befinden.

Seit seiner Ankunft hat das Corona-Virus bei den meisten Familien auf der ganzen Welt dauerhafte Schäden angerichtet, sowohl finanziell als auch sozial. Viele haben Angehörige durch den Virus verloren, andere ihre Arbeit und die Möglichkeit, ein etwas leichteres Leben führen zu können. Das geht auch den Familien in unserem Land so, die in ihrer großen Mehrheit täglich ums Überleben kämpfen müssen. Nur wenige von ihnen haben noch eine feste Arbeit. Daher müssen sie jeden Tag mit der Ungewissheit leben, ob sie genug zu essen für sich und ihre Kinder beschaffen können, vor allem seitdem im vergangenen Jahr die Preise für Lebensmittel stark gestiegen sind. Vor dem großen Streik konnten die Familien von dem wenigen, das sie verdienten, wenigstens ihren Kinder Reis mit Eiern oder Linsen oder Bohnen geben. Nahrungsmittel, die sättigen und die wegen ihrer geringen Kosten erschwinglich waren. Aber jetzt sind Eier, wie unsere Mütter sagen, „ein Essen für Reiche“ geworden. Denn ein Ei kostet im Moment das Dreifache von vorher, Reis hat seinen Preis verdoppelt. Abgesehen von den Sorgen um die Ernährung ihrer Kinder ist es ebenso schwierig für die Eltern das Geld für den Kauf von Kleidung, Schuhen und allem, was Kinder für ihr Heranwachsen brauchen, aufzubringen. Deshalb haben unsere Familien kaum die Möglichkeit, ihren Kindern ein gesundes Aufwachsen zu ermöglichen. Die Unterstützung der KINDERHILFE hat hier einmal mehr überlebenswichtige Bedeutung für die Familien, da die Kinder hier wenigstens täglich etwas zu Essen bekommen. Ganz gleich, wie teuer alles geworden ist, unsere Kinder erhalten täglich frische Milch, Eier, Fleisch, Geflügel, Fisch, Obst und Gemüse. Nahrungsmittel, die die Kinder und Jugendlichen für ein gesundes Heranwachsen benötigen. Ohne die KINDERHILFE wäre das nicht möglich, denn unsere Mütter beteuern, dass sie nur in ganz seltenen Fällen ihren Kindern zum Beispiel ein Stückchen Fleisch geben könnten. Viele von ihnen machen sich Sorgen, weil das wenige Geld, das sie verdienen, nur für das Essen ausgegeben wird und nichts für andere Dinge übrig bleibt. Mit jedem Tag wird es für sie schwerer, die Miete zu bezahlen, die Nebenkosten, und jetzt wo der Kauf der Schulsachen und Uniformen ansteht, wird alles noch viel schwieriger.

Fast alle Familien, die zur Kinderhilfe gehören, sind arm. Sie bekommen ihr Geld durchinformelle Arbeit, wie Putzen, Wäschewaschen, Arbeiten im Haushalt, Kinderbetreuen, Verkauf von Essen oder Obst auf der Straße. Auch wenn sie wissen, dass ihre Lage mit jedem Tag schwerer wird, haben sie die Gewissheit, dass sie mit der Unterstützung der KINDERHILFE für ihre Kinder rechnen können. Im Casita 2 machen unsere Kinder andere Erfahrungen, bei denen lernen und gleichzeitig Spaß haben im Vordergrund stehen. Dadurch werden sie wenigstens von den Problemen in ihren Familien ferngehalten und können ihre Kindheit und Jugend angemessen genießen.

Bei dieser Gelegenheit möchten wir eine der ganz besonderen Feierlichkeiten in der KINDERHILFE hervorheben, die wir im Dezember zelebrieren, den Avent. Die Kinder sind schon Ende November gespannt, wenn die Betreuerinnen beginnen, das Casita für diese schöne Zeit zu schmücken und sie selber dabei helfen können, indem sie weihnachtliche Figuren ausschneiden oder mit Papierstückchen verzieren.

In diesem Jahr haben die größeren Kinder Nikolausstiefel mit bunten Papierschnipseln verziert, um sie in die Fenster des Casitas zu hängen und sie haben weihnachtliche Figuren für den Adventskalender gemalt. Wenn sie dann in das Casita kommen, entdecken sie mit großer Freude, dass es mit ihren eigenen Werken geschmückt wurde. Üblicherweise beginnen wir die Adventszeit damit, die Kinder an die Bedeutung dieser Zeit zu erinnern. Wir erklären den Adventskranz und die Reihenfolge, in der man die Kerzen anzündet. Jeden Tag wird eine Botschaft in eine Figur ihrer Dekoration geschrieben, die ein Kind vorlesen muss und die an den Adventskalender geklebt wird, der in diesem Jahr ein Weihnachtsbaum war. Am 24. Dezember, war unser Baum dann voller Figuren, und die Kinder hatten jeden Tag von einem der Kameraden ein nette Weihnachtsbotschaft gehört.

Auch wenn wir noch die Hygienevorschriften beachten mussten, wie das ständige Händewaschen und Tragen der Masken, konnten wir doch mit mehr Nähe den Advent feiern. Die großen und kleinen Kinder versammelten sich im Aufenthaltsraum, und immer 4 von ihnen konnten für die Aktivitäten an einem Tisch zusammensitzen. Beim Essen war wieder jedes Kind allein am Tisch, abgesehen von den Geschwistern.

In dieser Zeit gab es ganz besondere Aktivitäten, die den Kindern viel Spaß machten und bei denen sie gleichzeitig etwas über die Bedeutung dieser schönen Zeit lernten. Der Nikolaus kam zu uns! Die Kinder hatten einen Nikolaus aus einer Toilettenpapierrolle gebastelt, in der sich am nächsten Tag einige Süßigkeiten fanden. In der KINDERHILFE erfahren unsere Kinder und Familien sehr viel Gutes, was ihnen ihren schweren täglichen Alltag ein wenig erleichtert.

In diesem Bericht werden wir von der Familie CASTRO erzählen (Name geändert). Diese Familie ist ein deutliches Beispiel dafür, wie die schlimme wirtschaftliche und soziale Lage die Familien direkt belastet und wie die KINDERHILFE hilft und es schafft, dass sowohl die Mutter sich, wie auch ihre Kinder, durch diese großartige Unterstützung selbst versorgen kann.

Die Familie besteht aus der Mutter und ihren beiden Kindern und kam 2017 ins Casita. Damals war der älteste Sohn 10 Jahre und der jüngste 6 Jahre alt. Die Mutter bat um die Aufnahme der beiden wegen ihrer schwierigen finanziellen Lage, denn sie muss allein – ohne die Unterstützung des Vaters – kämpfen, um ihre Kinder durchzubringen.

Seit 11 Jahren arbeitet sie im Haushalt einer Familie, wo sie kocht, die Wäsche wäscht und das ganze Haus putzt. Für diese Arbeit erhält sie nur sehr wenig Geld, wobei aber ihr Lohn etwas erhöht wurde, seit sie die Kinder ins Casita bringen konnte. Auch wenn das nicht viel war, erklärt die Mutter, dass sie weiterhin dort arbeiten würde, weil sie nur schwer eine andere Arbeit finden könnte. Außerdem erlauben ihre Arbeitgeber ihr, die Söhne mit zur Arbeit zu bringen, wenn sie niemanden für ihre Betreuung findet. Seit die Jungen ins Casita gehen, musste sie sie nur sonnabends mitnehmen, damit sie sie nicht allein in ihrer Unterkunft lassen musste. Im Umfeld der Hütte sieht man viel Drogenkonsum und Treffen von Jugendbanden. Die Frau wollte ihre Söhne von diesen Problemen unbedingt fernhalten.

Der ältere Sohn, nennen wir ihn José, war bis 2020 im Casita und beendete die sechste Klasse. In den Jahren, die er bei uns war, zeigte er sich als ein aktiver Junge, der sich an allen unseren Angeboten beteiligte und alles, was das Casita ihm bot, besonders genoss. Er hatte anfangs Schwierigkeiten, sich einzuleben, da er sehr schüchtern war und immer von der Mutter sehr behütet wurde. Nach kurzer Zeit hatte er sich jedoch gut eingewöhnt. Er hatte immer sehr gute Leistungen in der Schule und bemühte sich, möglichst der Beste in seiner Klasse zu sein. Wenn ihm etwas nicht gut gelungen war, zeigte er sich frustriert und fürchtete, die Erwartungen seiner Mutter nicht gut genug zu erfüllen, denn sie musste so schwer für ihn arbeiten. Deshalb verdiente sie es, dass er die besten Noten nach Hause brächte. Inzwischen ist José 15 Jahre alt und in die 10. Klasse der Sekundarstufe gekommen. In der Oberstufe muss er sich gewöhnlich nachmittags mit seinen Kameraden für Gemeinschaftsaufgaben treffen, weshalb er jetzt ständig allein unterwegs ist. Morgens geht er allein zur Schule und mittags kehrt er in die Hütte zurück, wo er das Mittagessen aufwärmt, das die Mutter ihm zubereitet hat, bevor sie zur Arbeit geht. Manchmal geht er erneut los, um Arbeiten zu erledigen oder bleibt allein in der Hütte, wo er seine Hausaufgaben macht. Der Mutter fällt es schwer, José so lange allein zu lassen, weil sie befürchtet, dass ihm etwas passieren könnte angesichts der sozialen Probleme in dem Lager, in dem sie wohnen. Aber allmählich musste sie sich an diese Veränderungen für ihren Sohn gewöhnen.

Auch wenn die Familie noch die Unterstützung für den jüngeren Sohn erhält, hat die Mutter Schwierigkeiten, für José das tägliche Essen und für sie alle das Abendessen zusammenzubekommen. Auch muss sie jetzt das Geld aufbringen für seine Schulsachen und alles, was in der Schule gefordert wird. Einige Male hat Jose schlechte Noten bekommen oder etwas nicht abgegeben, weil er seine Mutter nicht um das Geld dafür bitten mochte. Er sagt, er möchte nicht, dass sie sich sorgt, weil sie nicht weiß, woher sie das Geld nehmen soll, das er für jenes Material braucht, und für die Mutter ist das alles sehr schlimm. Wenigstens hat sie die Erleichterung zu wissen, dass ihr jüngerer Sohn im Casita sein Essen bekommt und die Materialien, mit denen er jeden Tag seine Aufgaben machen kann, und sie sagt, dass sie durch diese Hilfe etwas beruhigter sei.

Der jüngere der Brüder, den wir Daniel nennen wollen, ist jetzt 11 Jahre alt. Als er aufgenommen wurde, hatte er große Probleme mit der Eingewöhnung, denn er erwartete, dass alle Kinder, das machten, was er wollte. Wenn das nicht geschah, weinte er und wurde manchmal auch aggressiv den Kindern gegenüber. Aber das verging allmählich, und wir schafften es, dass Daniel sich besser mit allen Kindern verstand. Er hat immer alle Möglichkeiten des Casitas sehr genossen, ist sehr verspielt, fröhlich und erledigt seine schulischen Aufgaben mit Hingabe. Dadurch hat er immer gute Leistungen in der Schule. Er liebt es sehr zu malen und zu zeichnen und ist darin sehr begabt. Wenn seine Kameraden eine Zeichnung machen müssen oder ein Bild verzieren, hilft er ihnen gerne und bietet ihnen immer an, es zu machen, auch wenn er dafür seine Aufgaben liegen lassen muss.

Seit einiger Zeit zeigte Daniel sehr brüske Verhaltensänderungen. Manchmal kam er sehr böse ins Casita und wurde den Kameraden gegenüber aggressiv und warf sogar mit Gegenständen. Andere Male kam er sehr fröhlich und lieb. Sowohl in der Schule, wie im Casita wurde der Mutter empfohlen, psychologische Hilfe zu suchen. Sie bat unsere Psychologin Nelcy um Hilfe, und Daniel wollte auch einige Male mit dieser reden. Aber sie konnte keine komplette Behandlung mit ihm machen, da sie hier für alle Patenkinder zuständig ist, und der Verein half der Familie mit der Bezahlung von Sitzungen bei einem Psychologen. Es stand nur noch eine Untersuchung bei einem Neurologen aus, wo es sehr schwer war, einen Termin zu bekommen, denn genau in dem Moment kam Corona.

Im Casita 2 haben wir Daniel immer viel Liebe und Zuwendung gegeben, denn wir verstehen, dass der Junge viel Hilfe braucht. Er ist auch ein ganz besonderes Kind, das immer Antworten auf seine Fragen und Zweifel sucht. Im Augenblick verhält er sich nur sehr selten den Kameraden gegenüber unangemessen. Er hat sich an die Gruppe gewöhnt und ist den Betreuerinnen gegenüber sehr hilfsbereit. Die Mutter der beiden Jungen arbeitet immer noch am selben Ort, wobei es ihr inzwischen noch viel schwerer fällt, ihre Kinder zu ernähren, weil die Preise für Lebensmittel so stark gestiegen sind. Als sie uns in diesem letzten Quartal von ihrer Not erzählte, half ihr der Verein mit Nahrungsmittel für zuhause, um die Situation dieser Familie ein wenig zu erleichtern. So helfen wir Daniel auch mit allem, was er täglich für die Schule benötigt, damit er seine Aufgaben und Arbeiten machen kann, so dass es dieser Mutter ein wenig leichter fällt, sich um die Bedürfnisse des ältesten Sohnes zu kümmern. – Wenn manchmal etwas vom Essen im Casita übrigbleibt, denken wir daran, es ihr zu geben, damit sie mit ihren Söhnen am Abend etwas essen kann.

So wie wir dieser Familie nach Kräften versuchen zu helfen, tun wir es auch mit vielen anderen, die zum Casita 2 gehören, wie die Familie Perez. Diese befindet sich in einer besonders schlimmen finanziellen Lage, denn vor der Pandemie hatte der Vater der Kinder für den Unterhalt gesorgt. Aber wegen seines fortgeschrittenen Alters und einer schlechten Gesundheit hat dieser Mann nicht weiter arbeiten können, und für die Mutter der Kinder ist es kaum möglich, deren Bedürfnisse zu decken. Normalerweise macht sie Vertretungen in der Küche oder beim Putzen des Casitas oder in einem Hotel. Aber diese Arbeiten sind nur sporadisch, und es ist für sie sehr besorgniserregend, von jetzt an für den Unterhalt der Familie

zuständig zu sein. Oft kann sie ihren Kindern nichts zu essen geben, weshalb sie die Idee hatte, weil sie Geld für die Familie verdienen muss und gleichzeitig ihre Kinder betreuen, Speisen von ihrer Unterkunft aus zu verkaufen. In der Kinderhilfe sahen wir ihre Motivation und den Unternehmergeist und halfen der Familie mit Geld, damit die Frau einen Essensverkauf in ihrem Haus einrichten kann, um damit ihre Familie zu unterhalten.

Ein weiterer Fall ist die Familie Gonzales, die ein Mädchen im Casita 2 hat. Die jungen Eltern sind sehr tüchtig. Der Vater stellt zuhause Waschbecken für die Wäsche her, und die Mutter arbeitet wo sie kann, um ihren Mann bei den Kosten für die Familie zu unterstützen. Manchmal macht sie Vertretungen in der Küche des Casitas, oder sie spart etwas Geld und kauft Kleidung, um sie dann auf dem Land zu verkaufen. Aber wegen der schwierigen finanziellen Lage der meisten Familien, ist es für diese Familie noch schwerer geworden, obwohl sie alles versuchen, um überleben zu können. Vor einer Weile hatte die Mutter einen Essensverkauf außerhalb einer Schule begonnen. Aber wegen der klimatischen Probleme, denn oft regnete es sehr stark, konnte sie draußen nicht verkaufen.

Auch konnte sie keine Vitrine kaufen, damit die Leute sehen konnten, was sie anzubieten hatte. Die Kinderhilfe half auch ihr mit dem Kauf einer Vitrine für ihre Speisen und einem Sonnen (Regen) Schirm als Schutz vor dem Wetter.

So können wir sehen, wie die tägliche Hilfe der Kinderhilfe für unsere Familien von vitaler Bedeutung für sie ist, damit sich ihre Kinder gesund entwickeln können und sie ein Hoffnungslicht haben, um an eine bessere Zukunft denken zu können.

Immer noch werden im Casita die Frauen der Handarbeitsgruppe ganz liebevoll empfangen, die mit der Senora Carmen Lilian jeden Freitag

verschiedene Arbeiten anfertigen, wobei sie viel Spaß haben und lernen. Dabei teilen sie ihre Lebenserfahrungen, und es ist sehr erbaulich, sie zu hören, wie sie über die Geschichten jeder von ihnen lachen.

Und wieder danken wir der Senora Ute und allen Spendern in Deutschland für ihre riesige und uneigennützige Hilfe für alle unsere Kinder und Familien. Dadurch sehen wir alle, trotz der schlimmen Situation, in der wir leben, ein Licht der Hoffnung.

LYDA ISABEL DIAZ mit Beiträgen von NELCY LUCIA MENESES