
Pasto versinkt im Elend und wird vom Staat vergessen.
Am Morgen des 09.01. dieses Jahres erging bei km 75 der Panamericana, die
Nariño mit dem Rest des Landes verbindet, ein Erdrutsch enormen Ausmaßes.
Der schlimme Winter, der in der südlichen Region von Kolumbien herrschte, hat
schwere Schäden hinterlassen: Überschwemmungen, Verlust der Ernte und
Erdrutsche wie eben diesen, der unser Department von allem Anderen
abgeschnitten hat. Zuerst sah es so aus, als hätte der Erdrutsch keine allzu großen
Schäden verursacht, aber dann gaben die Behörden bekannt, dass 70 km der
Schnellstraße komplett unbrauchbar geworden seien und man Alternativrouten von
bzw. nach Nariño finden müsse. In der von dem Unglück betroffenen Region leben
248 Familien, die jetzt umgesiedelt werden müssen, denn wegen einer
geologischen Verwerfung wird die Gegend für einen erneuten Bebau nicht mehr
freigegeben. Diese Verwerfung wird „El Romedal“ genannt und sie zieht sich von
der Nordküste Kolumbiens in Richtung Ecuador, es ist eine gigantische Bruchlinie,
die praktisch die ganze Zentralkordillere durchzieht. Seit vielen Jahren wurden die
jeweiligen Regierungen immer wieder auf die Gefahr hingewiesen, die Warnungen
wurden aber in den Wind geschlagen. Wohl sah man ein, dass eine Alternativroute
gefunden werden musste, aber die Arbeiten, um die jetzt eingetretene Isolierung
Pastos vom Norden und dem Zentrum Kolumbiens zu verhindern, wurden nie in
Angriff genommen.
Die Straße musste nach dem Unglück in beide Richtungen gesperrt werden,
glücklicherweise kamen Menschen direkt nicht zu Schaden, aber die
Auswirkungen in sozialökonomischer Hinsicht sind enorm. Reisende, die aus den
Weihnachtsferien zurück nach Pasto gelangen wollten, mussten große Umwege in
Kauf nehmen, so dass aus einer Tour von ca. sechs Stunden eine Reise von 24
bis 48 Stunden wurde. Die einzig mögliche Route führte über unbefestigte Wege,
die keinen schweren Verkehr zulassen.
Die Behörden hatten zwar den baldigen Bau einer neuen Straße versprochen,
dennoch leidet die Region seit drei Monaten unter den ökonomischen Folgen der
Katastrophe, da die Versorgung mit den Dingen des täglichen Bedarfs, allen voran
Nahrungsmittel und Benzin, nicht geleistet werden kann. deshalb sind die Preise
für Lebensmittel und Treibstoff in unkontrollierte Höhen geklettert und damit
werden wieder die Ärmsten getroffen. Produkte wie Eier, Öl, Obst, Hülsenfrüchte
und Gemüse sind dreimal so teuer wie zuvor, da sie entweder beschädigt wurden
oder verdorben sind, weil sie mangels Benzin, das sonst aus dem Valle del Cauca
kommt, nicht transportiert werden konnten.
Die Verluste in der Region betragen laut der Handelskammer von Pasto zurzeit
bereits über zwei Milliarden Pesos, diese Zahl könnte aber durchaus noch steigen,
da die Regierung zwar kürzere Fristen für den Bau der neuen Straße gesetzt hat,
dieser aber dennoch sechs Monate oder länger dauern wird.

Neben der Feldwirtschaft sind auch Milchbetriebe und Viehzüchter von den
Auswirkungen betroffen, auch sie haben Millionen verloren, darüber hinaus haben
mehr als 600 Unternehmen Konkurs anmelden müssen.
Wie immer sind von solchen Ereignissen die ärmsten Familien am härtesten
betroffen, die ohnehin kaum noch ihr tägliches Überleben sichern können. Es gibt
für sie höchstens eine Mahlzeit am Tag, viele können ihre laufenden Kosten des
Wohnens nicht mehr bezahlen – die Situation ist schier zum Verzweifeln.
Die einzige Hilfe, an die sich diese Familien halten können, ist die KINDERHILFE,
sie bietet ihnen Unterstützung durch Lebensmittellieferungen, monatliche
Zuschüsse und mit leicht zugänglichen Krediten, die ihnen erlauben, inmitten der
Not und der Vernachlässigung durch den Staat zu überleben.
Mit diesen Krediten haben sich unsere Familien, die keine feste Arbeit haben,
kleine Geschäfte mit Straßenverkauf von z.B. Süßigkeiten, Strümpfen, Wäsche
oder gebackenen oder frittierten Snacks errichtet, mit deren Erlös sich wenigstens
ihre dringendsten Bedürfnisse decken können. Aufgrund ihrer wirtschaftlichen
Situation bekämen sie niemals einen Kredit bei einer Bank, und so bietet ihnen
unser Fonds eine Möglichkeit, in der großen Not durchzukommen.
Glücklicherweise sind unsere Familien fleißig und kämpferisch, sie lassen sich
nicht unterkriegen von den extrem harten Bedingungen, sondern setzen ihren
Erfindungsgeist und ihre Kraft ein, um mit ehrlicher Arbeit ihre Familien
voranzubringen. Mit der KINDERHILFE an ihrer Seite sind sie nicht allein und sie
wissen, dass sie sich auf unsere bedingungslose Hilfe jederzeit verlassen können.
Kinderchor Kolumbien
Der Chor der KINDERHILFE wird von der Lehrerin Sandra Mora Hidalgo geleitet,
schon seit durchgehend fünfzehn Jahren arbeitet sie mit den Kindern. Obwohl die
Besetzung des Chores durch Zu- und Abgänge der verschiedenen Kinder ständig
im Wandel ist, hat die Leiterin es geschafft, durch verschiedene Techniken und
Übungen die Fähigkeiten der Sänger und Sängerinnen zu verfeinern, sodass unser
Chor mittlerweile als der beste Kinderchor in ganz Pasto gilt! Daher wird unser
Chor auch recht häufig zu den verschiedenen musikalischen und kulturellen
Veranstaltungen in dieser Region eingeladen. Señora Sandra Mora hat auch
Instrumente eingeführt, manche Kinder begleiten den Chor auf der Flöte oder der
„caja“, einer häufigen und klangvollen Trommel aus den Anden.
Im September 2022 wurde der Chor zu einem landesweiten Treffen eingeladen,
das die Organisation „Batuta“ veranstaltete. Nicht alle Kinder der KINDERHILFE
konnten dorthin fahren, aber einige Kinder wurden ausgewählt, die musikalisch
besondere Fortschritte gemacht hatten: Hancell Torres, Darlin Getial, Angeline
Benavides , Andrea Cortes und Sara Cruz Melo. Sie durften nach Bogotá reisen
und mit vielen anderen Sängern aus anderen Städten Kolumbiens diese
Veranstaltung erleben. Sie genossen auch das Privileg, unter der Leitung des
bekannten Dirigenten Josu Elberdin zusammen mit hundert Kindern eine Woche
lang auf eine Aufführung im „Teatro Mayor Julio Mario Santo Domingo“ in Bogotá
vorzubereiten.

Diese Aufführung wurde auf dem „Canal Capital“ ausgestrahlt und alle Kolumbianer konnten sie verfolgen. Ebenso hat sich der Chor zwei Monate lang auf ein Konzert vorbereitet, das im April stattfindet. Es ist eine ganze Reihe von sakralen Werken, die in mehreren Kirchen der Stadt aufgeführt wird. Daran nehmen Chöre aus Ecuador, Venezuela und Bogotá teil. Die Konzerte sind wegen des hohen stimmlichen Niveaus der Chöre sehr gut besucht.





Der Chor hat große Fortschritte gemacht, er zeigt die künstlerischen Qualitäten und repräsentiert die musikalischen Wurzeln der Anden in charakteristischer Weise. Die Arbeit mit den Kindern geht ständig weiter in dem Bestreben, immer noch besser zu werden.
OMAYRA VILLOTA BENAVIDES
Sozialarbeiterin, Pasto
übersetzt von Anette Bauer