About Me:
Ich wurde in Bolivar, Cauca geboren und bin das zweite von fünf Geschwistern. Vor 30 Jahren kam ich mit meinen Eltern und meinen damals drei Geschwistern nach Popayán. Meine Mutter brachte uns hierher, um für sich nach besseren Arbeitsmöglichkeiten zu suchen und für uns nach besseren Bildungsmöglichkeiten.
Leider war es für meine Eltern kaum möglich, in dieser Stadt eine Beschäftigung zu finden. Deshalb beschloss mein Vater, zur Arbeit in der Landwirtschaft in seinem Heimatdort zurückzukehren. Er versprach aber, Geld für die Bedürfnisse unserer Familie zu schicken. Für meine Mutter war es nicht möglich, eine Arbeit zu finden, bei der sie sich auch um ihre Kinder kümmern konnte. Deshalb begann sie, auf den Straßen Essen zu verkaufen. Zu Beginn verfügte sie gerade mal über 500 Pesos, weshalb sie nur ganz wenig dafür einkaufen konnte. Aber mit viel Fleiß konnte sie ihren Verkauf nach und nach ausweiten. Anfangs musste sie die Nahrungsmittel, die sie verkaufen wollte, auf dem Arm tragen und damit so lange durch die Stadt laufen, bis sie alles verkauft hatte. Danach konnte sie sich einen kleinen Korb leisten, in dem sie etwas mehr transportieren und entferntere Orte erreichen konnte, um schließlich alles zu verkaufen. Ihre Preise sind bis heute sehr niedrig, weil sie vor allem an die Menschen denkt, die nur sehr wenig Geld für ihr tägliches Brot haben und ständig darum kämpfen den Lebensunterhalt ihrer Familie zu sichern.
Mein Vater kam uns selten besuchen und kam noch weniger für uns auf, obwohl das dringend nötig war. Immer erschien er erst nach etlichen Jahren und mit ganz wenig Geld für unsere Bedürfnisse. Da wir eine so große Familie waren, reichten die geringen Einnahmen meiner Mutter allein nie aus und deshalb litten wir große Not. Es war ganz normal, dass meine Mutter auf dem Markt Obst, Gemüse, Kartoffeln und andere Nahrungsmittel aufsammelte, die als Abfall weggeworfen worden waren. Uns half das ein wenig, da wir damit wenigstens etwas zum Essen hatten. So verlief meine Kindheit und die meiner Geschwister in großer Armut.
Als ich 14 Jahre alt war, erfuhr meine Mutter durch einer Nachbarin von der KINDERHILFE. Voller Hoffnung ging meine Mutter zum Verein. Hier wurde beschlossen, mir den Schulbesuch zu ermöglichen und bei der Ernährung zu helfen. Als ich das erste Mal in die KINDERHILFE kam, begann sich mein Leben positiv zu verändern. Ich bemerkte, wie gut ich in der Schule durch die Unterstützung des Vereins und meiner Paten vorankam. Dadurch wuchs in mir die Hoffnung, danach ein Studium an der Universität beginnen zu können.
Während meiner Zeit als Patenkind im Verein erhielt ich Unterricht und Anleitungen, die mir eine bedeutende persönliche Weiterentwicklung ermöglichten. Vor allem die Mitarbeit in den Gruppen förderte mich sehr. Besonders half ich den kleinen Kindern bei den Hausaufgaben für die Schule, im Haupthaus und im Casita 2. Hier arbeitete ich hauptsächlich am Aufbau der Offenen Hausaufgabenhilfe mit. Gleichzeitig studierte ich Psychologie, wodurch ich immer mein Wissen zum Wohle der Kinder anwenden konnte.
2010 erhielt ich mein Diplom als Psychologin. Wie so oft unterstütze mich der Verein und bot mir eine feste Anstellung an. Ich begann meine Arbeit in der Gruppe HOFFNUNG FÜR KINDER im Casita, wo ich auch Jugendliche betreuen und unterrichten konnte. Mit ihnen begannen wir auch die Herstellung von Karten aus handgeschöpftem Papier, die wir dank der Einrichtung FEDAR erlernt hatten. Die fertigen Karten wurden danach mit natürlichen Materialien, wie Wolle, Stoffe, und allem, was in der Natur gesammelt wurde kreativ verziert. Diese Tätigkeit wird jetzt von den Patenkindern ausgeübt, die ich als Psychologin betreue und mit ihren Familien anleite. Aber in besonders dramatischen Fällen muss ich die Betroffenen je nach Notlage zu Spezialisten schicken, weil meine Zeit nicht für nötigen Therapien ausreicht.
Seit 2013 bin ich für das Patenschaftsprogramm mit seinen verschiedenen Funktionen verantwortlich. Vor allem kümmere ich mich um das Wohlergehen der Patenkinder und ihrer Familien. Ich helfe ihnen, die finanziellen Mittel richtig zu nutzen, die die Paten ihnen schicken. Ich helfe den Patenkindern alle drei Monate beim Schreiben der Briefe an die Paten oder zu anderen Gelegenheiten, wie dem Dank für eine Sonderspende. Auch die Briefe der Paten bekomme ich und lasse sie den betreffenden Familien zukommen. Ich verwalte die Mittel der einzelnen Patenkinder, zum Beispiel um neue Schuluniformen zu kaufen. Jeden Monat beantrage ich das entsprechende Geld für den Fahrkostenzuschuss der Patenkinder, den ich dann einzeln gegen Quittung aushändige. Ganz wichtig sind die regelmäßigen Hausbesuche bei den Familien, um ihnen angemessen helfen zu können und die entsprechenden Berichte für die Paten zu verfassen.
Wöchentlich biete ich Aktivitäten an, die eine gesunde Einzel- und familiäre Entwicklung fördern sollen, die das Selbstwertgefühl verbessern und den Jugendlichen ermöglichen, sich auf eine bessere Zukunft vorzubereiten.
Ich besorge die Uniformen und Schuhe für den Schulbesuch und die entsprechenden Schulsachen, auch für diejenigen, die sich nach der Schule weiterbilden können. Für alle Patenkinder kaufe ich die Lebensmittel, Hygieneartikel, Kleidung und – wenn nötig –Medikamente. Ich organisiere Elternversammlungen und Einzelgespräche, um in kritischen Situationen eingreifen und beraten zu können.
Bei allen Tätigkeiten, auch meiner Zuständigkeit für das Casita 2, bekomme ich ständig Unterstützung von Señora Ute, mit der ich alles bespreche, was ich mache und was mit jedem Patenkind oder seiner Familie passiert, von der ich erfahre.
Der Verein hat mir ermöglicht, in allen Bereichen meines Lebens zu wachsen, was sich direkt und indirekt auch auf meine Familie ausgewirkt hat. Es ist für mich ein Segen, dass mein Sohn ebenfalls die Liebe, Erziehung, Begleitung und alle anderen Wohltaten der KINDERHILFE bekommt. Immer noch muss ich viel lernen und hoffe, das weiterhin zum Wohle vieler Familien tun zu können, vor allem dank meines Universitätsstudiums. Dieses hat zunächst mein eigenes Leben bestimmt und dann habe ich auch vielen Jugendlichen und ihren Familien in ihren verschiedenen Problemen helfen können. Das erfüllt mich mit Zufriedenheit, Freude und Hoffnung. Und die riesige Unterstützung, vor allem auch von meinen Paten, ermöglicht mir eine materielle Stabilität, mit der ich sogar ein wenig meine Mutter und meine Geschwister unterstützen kann.
Tausend Dank an alle von der KINDERHILFE !